Am 26. April ist das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Kraft getreten. Hierdurch wird die EU-Richtlinie 2016/943 in deutsches Recht umgesetzt.
Die bisherigen Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Deutschland blieben hinter den Regelungen der EU-Richtlinie zurück und konnten einen zufriedenstellenden Schutz des insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) wichtigen Know-Hows nicht gewährleisten. Geschäftsgeheimnisse waren bisher nur über die Strafvorschriften der §§ 17 bis 19 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder über die Deliktshaftung des bürgelichen Gesetzbuches (BGB) mehr oder weniger geschützt.
Das neue GeschGehG bündelt die Ansprüche, Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen nunmehr zusammen in einem Gesetz. Dabei ist das GeschGehG in drei Abschnitte unterteilt:
Im ersten Abschnitt werden die wichtigsten Termini des Gesetzes definiert. Demnach ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert und Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist.
Der deutsche Gesetzgeber hat dieser Definition aus der Richtlinie überflüssigerweise noch ein weiteres Merkmal hinzugefügt, sodass auch ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung der Information bestehen muss.
Der nächste Abschnitt des Gesetzes bestimmt in den §§ 3 bis 5 erlaubte, verbotene und ausnahmsweise zulässige Handlungen. Neben der selbstverständlich erlaubten eigenständigen Schöpfung oder Entdeckung wird nunmehr auch klargestellt, dass Rückwärtsanalysen (reverse engineering) erlaubt sind, soweit sich das Produkt im rechtmäßigen Besitz befindet.
Verboten ist hingegen der unbefugte Zugang zu Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien sowie deren unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren, sofern solche Unterlagen Materialien, Stoffe oder Dateien der rechtmäßigen Kontrolle des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses unterliegen und die das Geschäftsgeheimis enthalten oder aus denen sich das Geschäftsgeheimis ableiten lässt. Diese Vorschrift bezieht sich sowohl auf die klassische Betriebsspionage, als auch auf (ehemalige) Arbeitnehmer, die z.B. auf Dokumente zugreifen, die ihnen arbeitsvertraglich nicht zugänglich oder deren Zugriffsrechte erloschen sind. Entscheidend ist, ob die jeweilige Handlung von der Befugnis gedeckt ist. Eine zusätzliche, relativ weit gefasste Auffangklausel soll andere denkbare Verhaltensweisen abdecken.
Wer das Geheimnis in unbefugter Weise erlangt hat, darf es weder offenlegen noch nutzen. Das Gleiche gilt für denjenigen, der gegen eine Verpflichtung zur Beschränkung der Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses verstößt. Das Verbot zur Nutzung und Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses kann auch denjenigen treffen, der ein Geschäftsgeheimnis von einem Dritten erlangt hat. Das Gesetz sieht sodann einige Ausnahmen für freie Meinungsäußerung, Whistle-Blowing und Arbeitnehmervertreter vor.
Dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses oder auch seinem Lizenznehmer werden durch das neue Gesetz dieselben Ansprüche an die Hand gegeben, die auch Inhabern oder Lizenznehmern an gewerblichen Schutzrechten im Verletzungsfalle zustehen können. Es handelt sich dabei um die Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung, auf Vernichtung, Herausgabe, Rückruf und Rücknahme vom Markt sowie auf Auskunft und - bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit - auf Schadensersatz.
Diese Ansprüche beziehen sich auf alle Produkte, deren Konzeption, Merkmale, Funktionsweise, Herstellungsprozess oder Marketing in erheblichem Umfang auf einem rechtswidrig erlangten, genutzten oder offengelegten Geschäftsgeheimnis beruhen. Allerdings sieht das Gesetz auch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor.
Im letzten Abschnitt werden spezielle Verfahrensvorschriften für geltendgemachte Ansprüche wegen Verletzung des Geheimnisschutzes geregelt. So können zum Beispiel auf Antrag der Parteien die streitgegenständlichen Informationen ganz oder teilweise als geheimhaltungsbedürftig eingestuft werden. Die beklagte Partei darf die Information nicht außerhalb des Prozesses nutzen oder offenlegen.
Ebenfalls auf Antrag einer Partei beschränkt das Gericht den Zugang zu den streitgegenständlichen Informationen ganz oder teilweise auf eine bestimmte Anzahl von zuverlässigen Personen. Allerdings ist mindestens einer natürlichen Person jeder Partei und ihren Prozessvertretern der Zugang zu gewähren, sodass ein striktes In-Camera-Verfahren durch das neue Gesetz nicht verwirklicht wurde.
Als Fazit lässt sich festhalten:
- Deutliche Verbesserung zur bisher bestehenden Rechtslage
- Überprüfung bestehender/Einführung neuer Geheimhaltungsmaßnahmen erforderlich
- Dokumentation ist wichtig
- Vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern überprüfen(Ausscheiden, Zugang etc.)
- Kein In-Camera-Verfahren aber dennoch Verbesserung des Schutzes von Geheimnissen im Prozess